Preisanstieg beim Erdgas sorgt für höhere Heizkosten

  • Energiewissen
Börsenpreise.jpg

Die Preise für Erdgas am Weltmarkt steigen. Gaskunden müssen mit höheren Heizkosten rechnen. Was sind die Gründe für den sprunghaften Preisanstieg?

Warum ist Erdgas an den Börsen so teuer geworden?
Für den Preisanstieg gibt es eine Vielzahl von Gründen. Während der Corona-Krise stürzte die Weltwirtschaft ab. Nun führt die weltweite Erholung der Konjunktur zu mehr Nachfrage nach Rohstoffen und Energie. Die massive Windflaute sorgte zudem dafür, dass viel mehr Gas für die Stromerzeugung eingesetzt wurde und wird. Hinzu kamen besonders kalte Winter in vielen Regionen der Erde im vergangenen Jahr. Das sind nur einige Faktoren, die die Weltmarktpreise für Gas sprunghaft steigen ließen. Für eine Megawattstunde Erdgas mussten die Unternehmen an den europäischen Spotmärkten, an denen kurzfristig Gas eingekauft wird, zuletzt Großhandelspreise von bis zu 100 Euro zahlen und damit bis zu fünfmal so viel wie noch am Jahresanfang. Die Kosten am Terminmarkt, wo sich die Versorger langfristig mit Gas eindecken, zogen ebenfalls kräftig an. So stieg der Großhandelspreis für das Kalenderjahr 2022 um mehr als das Doppelte.

Welche anderen Faktoren treiben den Erdgaspreis nach oben?
Einige Betreiber von Förderplattformen oder Pipelines, die den europäischen Markt beliefern, haben wegen Corona Wartungen ausgesetzt. Diese wichtigen Arbeiten holen sie jetzt nach. Deshalb fehlen vorübergehend Förder- und Transportkapazitäten. Was das verfügbare Angebot von Erdgas reduziert. Naturgemäß hat das Wetter einen großen Einfluss auf den Erdgasverbrauch. Doch inzwischen sorgen nicht nur kalte Temperaturen für einen Anstieg des Bedarfs, sondern auch Hitzezeiten. 2021 kamen zwei ungünstige Wetterphänomene zusammen: Wegen des vergleichsweise langen und kalten Winters in Europa wurden die Reserven in den Gasspeichern weitgehend aufgebraucht. Im Sommer gelang es aber nicht wie üblich, die Lager wieder aufzufüllen. Denn einige Staaten in Südeuropa hatten mit extremer Hitze zu kämpfen. Und der für die Klimatisierung nötige Strom entsteht weitgehend in Gaskraftwerken. Nicht zuletzt dürften die geopolitische Situation und speziell der Streit um die Ostseepipeline Nordstream 2 ihren Anteil an der aktuellen Preisentwicklung haben.

Hat der Staat einen Einfluss auf den Erdgaspreis?
Ja. Vater Staat dreht mit dem 2021 eingeführten nationalen Emissionshandelssystem mit an der Preisschraube. Es erfasst die CO2-Emissionen, die nicht durch das EU-Handelssystem abgedeckt sind. Also auch solche, die bei der Nutzung von Erdgas für Heizung und Warmwasserbereitung entstehen. Die Preise für CO2 sind bis 2025 staatlich festgelegt und steigen in diesem Zeitraum jährlich. Für eine Tonne CO2-Ausstoß zahlten die Versorgungsunternehmen – und damit die Kund*innen – im Jahr 2021 25 Euro. 2022 kostet eine Tonne Kohlendioxid bereits 30 Euro. Auf eine Kilowattstunde Erdgas umgerechnet, bedeutet dies 0,545 statt bisher 0,454 Cent – netto wohlgemerkt. Denn wie auf alle anderen Umlagen, Steuern und Abgaben erhebt der Staat auch auf den CO2-Preis die Mehrwertsteuer. Übrigens: Viele Expert*innen prognostizieren einen deutlich schnelleren Anstieg des CO2-Preises, als der aktuell gültige Pfad vorgibt. Das Instrument gilt als wichtiger Hebel, um die ambitionierten Klimaziele zu erreichen. Erklärtes Ziel ist es, fossile Energieträger sukzessive unattraktiver zu machen.

Was bedeutet der Preisanstieg für Verbraucher*innen?
Viele Haushaltskund*innen haben bereits entsprechende Preiserhöhungsschreiben von ihren Versorgern erhalten oder müssen mit diesen rechnen. Bereits Mitte Oktober 2021 hatten bundesweit mehr als 60 Gasversorger ihre Preise erhöht oder eine Preiserhöhung angekündigt.

Ist die Versorgung der Haushalte sicher?
Die Preiskrise sorgt für Unruhe im Erdgasmarkt. Der Energiekonzern E.ON hatte im Oktober 2021 seine Angebote für neue Erdgaskund*innen ausgesetzt. Mittlerweile sind wieder Angebote zu neuen Konditionen verfügbar. Die Kund*innen zweier privater Energieanbieter traf es härter: Die deutsche Energiepool GmbH und die Otima Energie AG stellt die Lieferungen ein beziehungsweise gingen in die Insolvenz. Die Versorgung mit Erdgas ist trotzdem gesichert. Betroffene Kund*innen, die keinen neuen Lieferanten finden, erhalten automatisch Erdgas vom örtlichen Grundversorger. Allerdings sind die Grundversorgungstarife im Normalfall nicht die günstigsten Tarife. Kund*innen sollten daher so schnell wie möglich den Grundversorger wegen eines günstigeren Vertragsangebotes ansprechen.

Was bedeutet der Preisanstieg für die deutsche Wirtschaft?
Steigende Erdgaspreise sind auch für Wirtschaft und Industrie ein Problem. Die Unternehmen müssen sie langfristig auf die Verbraucherpreise aufschlagen. 2021 stieg die Inflationsrate gegenüber 2020 deutlich, im September auf 4,1 Prozent. Hauptgrund dafür waren vor allem die höheren Energiepreise. Die Kosten für Energieprodukte lagen mit 14,3 Prozent deutlich über der Gesamtteuerung.