Herr Rustler, wie haben Sie den Bereitschaftsdienst während der Weihnachtszeit erlebt?
Obwohl die Zeit schnelllebiger und die Menschen dadurch etwas ungeduldiger geworden sind, wirkt der „Zauber von Weihnachten“ nach wie vor: Die Kunden sind meist freundlich und erwarten mich schon am Gartentor – oft kennt man sich auch schon persönlich. Besonders in Erinnerung ist mir ein Einsatz um die Jahrtausendwende geblieben. Als ich den nämlich erfolgreich beendet habe, hat der Kunde mich gefragt, ob ich Junggeselle bin oder Familie habe. Als ich erzählt habe, dass ich mit Frau und Kindern gesegnet bin, hat er mir zum Dank einige Lutschbonbons für die Kleinen und ein halbes Pfund Butter für mich und meine Frau mitgegeben. Kein alltägliches Dankeschön, aber ich habe mich gefreut!
Die Einsätze im Bereitschaftsdienst sind nicht planbar. Wie gehen Sie damit um?
Da ist vor allem Flexibilität gefragt. Bestes Beispiel ist ein Einsatz, den ich einmal in Lohr hatte – und zwar ausgerechnet am Tauftag meines Neffen, für den ich als Taufpate vorgesehen war. Sonntags gegen 13.30 Uhr, ich war gerade am Krawatte binden, klingelte das Telefon. Es gab einen Stromausfall im Stadtteil Lindig. Ich bin also nach Lohr gefahren und merkte bei meiner Ankunft gleich, dass sogar mehrere Trafostationen von der Störung betroffen waren und der Einsatz etwas länger dauern wird. Die Familie musste also umdisponieren, und so wurde meine Frau die Patin meines Neffen. Um 20.30 Uhr war ich schließlich mit meiner Arbeit fertig und freute mich auf ein leckeres Abendessen im Restaurant, wo die Taufgesellschaft noch zusammengekommen war. Dort angekommen, gab es zu meiner Verwunderung jedoch nur belegte Brote. Da wurde mir klar, dass auch hier der Stromausfall zugeschlagen hatte – die Küche musste kalt bleiben. In solchen Momenten merkt man, in wie vielen Bereichen des Lebens der Strom essenziell ist und wie wichtig die Versorgungssicherheit ist.
Was war die größte Herausforderung, die Sie im Bereitschaftsdienst bisher meistern mussten?
Neben Fällen von Hochwasser und Stürmen war das wohl der Brand einer übergeordneten Trafostation. Auch dieser Fall spielte sich ausgerechnet an einem besonderen Datum ab – und zwar an meinem Geburtstag im Dezember. Morgens um 5.30 Uhr wurde ich gerufen. Ein mulmiges Gefühl überkam mich, als ich auf Lohr zufuhr und alles dunkel war. Kein einziger Lichtschein. Auch die Fabriken standen still und die Läden und Geschäfte blieben geschlossen. Es funktionierte ja kein Aufzug, keine elektrisch zu öffnende Türe, kein Lichtschein, keine Beleuchtung und keine Registrierkasse. In dieser Situation sahen sich die Gebäude theoretisch auch einer Diebstahlgefahr ausgesetzt. Deswegen mussten schleunigst Notversorgungen und Netzstromversorgungsanlagen aufgebaut werden. Ein Krisenstab wurde eingerichtet, um unsere Kunden schnellstmöglich wieder mit Strom zu beliefern. Es war ein langer Tag, der immer noch regelmäßig in der Lohrer Zeitung erwähnt wird: „Heute vor 32 Jahren: Blackout in Lohr!“.
Abends hatten schließlich alle Kunden in irgendeiner Form wieder Strom. Ich kam um 23.45 Uhr zu Hause an und hatte also noch 15 Minuten Zeit, um mit meiner Familie auf meinen Geburtstag anzustoßen. Da hätte ich mir natürlich mehr gewünscht, aber ich bin froh, dass ich meinen Teil dazu beitragen konnte, diese kleine Katastrophe damals abzuwenden.
Kann man etwas tun, um Bereitschaftseinsätze zu vermeiden?
Vermeidung fängt schon im Haushalt an: Man sollte beispielsweise nicht mehrere Mehrfachsteckdosen hintereinander stecken und dann noch viele Verbraucher wie Fernseher, Weihnachtsbeleuchtung und die neue Fritteuse von Oma daran anschließen. Und man sollte ehrlich sein: Ich habe schon oft erlebt, dass ich bei einem Besuch nachgefragt habe, ob denn zuvor gebohrt wurde und erst einmal ein „Nein“ zur Antwort bekommen habe. Oft war es dann die Ehefrau, die ihren Mann zum Beispiel darauf aufmerksam gemacht hat, dass er doch früher am Tag das neue Bücherregal aufhängen wollte – so etwas ist den Leuten also oft peinlich, aber der Elektriker kann natürlich schneller helfen, wenn er die Ursache kennt.
Ansonsten bleibt mir nur noch zu sagen, dass ich den Lesern störungsfreie und besinnliche Weihnachten wünsche!